Eine Investition wie der geplante Freizeitpark für die enorme Summe von 400 Mio. Euro, einer Fläche von 100 ha und mit bis zu 2000 Arbeitsplätzen erscheint faszinierend. Dazu strahlt das Wort Freizeitpark die Vorstellung von grüner Landschaft und Freizeit aus, einem uns heutigen Menschen wichtiges Gut. "Action" spricht insbesondere die junge Generation an. Es entsteht die Hoffnung auf einen wirtschaftlichen Schub für die Stadt und die Region in schwieriger Zeit.

Eine verantwortliche Stadt wie Friedberg stellt sich natürlich Fragen zu einer so gewaltigen Aufgabe, die beantwortet werden müssen, bevor der Stadtrat Beschlüsse fassen kann und die Bürger in einem Bürgerentscheid ihre Stimme abgeben können.

Die Fragen decken ein breites Spektrum ab: Die Antworten müssen teils von der Stadt, überwiegend vom Investor kommen.

Fragen zu Auswirkungen auf den Raum

Ökologie:

  • Ist die Umwandlung von 100 ha (= 10x die Fläche der Altstadt!) ungestörten Freiraumes in teils intensivst genutzte Bau- und versiegelte Fläche hinnehmbar?
  • Wo wird die erforderliche Ausgleichsfläche in gleicher Größenordnung geschaffen?
  • Was sind die Auswirkungen auf Klima, Grundwasser, Boden?
  • Was ist mit den Emissionen Lärm, Luftverschmutzung, nächtlicher Lichtbelastung?
  • Wie wirken sich insbesondere die Großbauten im Hinblick auf Umfang und Höhe auf das Orts- und Landschaftsbild aus? Ist die Beeinträchtigung des empfindlichen Gesamtbildes von Lechleite und der Altstadt vertretbar? Sind dazu nicht maßstabsgetreue realistische Darstellungen erforderlich, die auch vom Laien beurteilt werden können?

Infrastruktur:

  • Sicher ist die geplante AIC25 mit neuem Anschluss an eine sechsspurig ausgebaute Autobahn A8 Anlass und Voraussetzung für das Projekt. Evtl. lässt sich eine bessere Verknüpfung im Rahmen des ÖPNV mit der Stadt Augsburg erreichen über eine Straßenbahnlinie 6 bis östlich der AIC25 und ein Citybus zwischen Bahnhof Friedberg, Altstadt, Endhaltestelle Linie 6 und Freizeitpark.
  • Führt die Belastung der örtlichen Straßen zum Bau der umstrittenen B300 Neu?
  • Ist die Belastung der übrigen Straßen eine Zumutung für die Friedberger?
  • Sind die Staus an Wochenenden und in den Ferienzeiten hinnehmbar?
  • Wie werden Wasserversorgung (schon jetzt ist Friedberg an Grenzen gestoßen), Abwasser- und Abfallbeseitigung sichergestellt?
  • Reicht die Kläranlage aus bei z.B. 30.000 Besuchern an vielen Tagen, so viel wie Friedberg Einwohner hat?
  • Kann der letzte Freiraum des Siedlungsbereiches Augsburg im Lech-/Wertachraum verbaut werden? Lt. Landrat Knauer ist ein zweites Großprojekt zu erwarten.
  • Kann ein regionaler Grünzug mit Flächen zur Biotopsicherung so einfach aufgegeben werden? (Siehe Teilraumgutachten Augsburg)
  • Ist nicht ein Gesamtkonzept über den Freiraum östlich des Lechs auf der Planungsebene Flächennutzungsplan erforderlich?

Fragen zu Auswirkungen auf Stadt und Bürger

  • Die Ausstrahlung des Freizeitparkes wird sicher überregional wirksam für Wirtschaft und Besucher. Was haben aber die Stadt Friedberg und die Bürger von dem Projekt? Werden die örtlichen Betriebe partizipieren oder doch nur die (über-)regionalen und die Spezialbetriebe?
  • In wie weit wird die Finanzkraft der Stadt Friedberg gestärkt? Wann fließt die erste Gewerbesteuer bei einem derartigen Abschreibungsprojekt? Wer garantiert, dass die Stadt nicht unter dem Strich mehr Ausgaben als Einnahmen hat?
  • Werden die Bürger nicht von 100 ha Erholungsraum ausgesperrt, abgesehen davon dass der Gesamtraum durch Individualverkehr uninteressant wird?
  • Was wird aus unserer frei zugänglichen Erholungseinrichtung Friedberger Badesee? Wird dieser noch zugänglich sein, reduziert oder evtl. sogar ein "Ersatzsee" als zusätzliche Raumbeanspruchung erforderlich?
  • Was ist mit dem Bestandsschutz für die betroffenen Privatpersonen wie Anwohner, Reitanlagen, Hotel, Diskothek etc.?
  • Was ist insbesondere mit der Lärmbelästigung, besonders an Wochenenden, in den Ferienzeiten, im Sommer bis in die Nacht hinein durch die Außenanlagen und den Verkehr, besonders für die in der Nähe Wohnenden. Entsteht nicht ein solcher Lärmpegel, der sich über weite Bereiche ausbreitet?

Fragen zum Projekt

  • Woher sollen dauerhaft mindestens 3 Mio. Besucher jährlich kommen, insbesondere unter Berücksichtigung der Unkosten, der Entfernungen und der vorhandenen bzw. noch entstehenden Konkurrenz (Legoland bzw. Fränkische Seenplatte)?
  • Ensteht nicht eine Belastung für die Besucher wie bei anderen Freizeitparks nachgewiesen (Legoland, Disneypark) durch Verkehrsstau, lange Anfahrtszeiten, Parkplatzsuche einerseits und Wartezeiten bei den Attraktionen andererseits?
  • Aus welchen einwandfreien Quellen kommt die Investitionssumme, welche Finanzierungswege werden beschritten? Was geschieht wenn das Geld nicht ausreicht? Ist eine Teilrealisierung hinnehmbar?
  • Was geschieht wenn die Betreiber nicht kostendeckend arbeiten können? Müssen nicht die Kosten für einen evtl. Rückbau gesichert sein? Bleiben dann 100 ha Bauland übrig? Warum erreicht das Legoland Günzburg nicht die erforderlichen Besucherzahlen? Ist der Disneypark Paris nicht insolvent wie auch das Ludwig Musical in Füssen und der Safaripark in Österreich?

Fragen zum Projektbetreiber

  • Wer steht hinter den bisher aufgetretenen Planern und Betreibern? Muss nicht ein Projekt dieser Größenordnung von einer Großfirma betrieben werden? Haben die bisherigen Betreiber schon ein Projekt ähnlicher Größenordnung umgesetzt? Hier kommt die entscheidende Frage nach der Kompetenz des Investors und/oder seiner Beauftragten!

Fragen zum Planungsablauf

  • Kann der Freizeitpark isoliert gesehen werden oder muss es nicht vielmehr in eine Gesamtplanung der Stadt Friedberg eingebunden werden?
    Ein Raumordnungsverfahren (ROV) mit einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) ist mit Sicherheit eine zwingende Voraussetzung. Aber muss nicht eine kommunale Entwicklungsplanung auf der Ebene Flächennutzungsplan über den gesamten Freiraum östlich der AIC25 bis zur Lechleite vorgenommen werden, insbesondere da andere Planungen durch die neue AIC25 mit Anschluss an die A8 bereits im Gange sind?
  • Müssen bei der Größe und Bedeutung des Projektes nicht hochqualifizierte Städtbauer, Architekten und Ingenieure beauftragt werden, u.U. nach entsprechenden Wettbewerben?
  • Muss nicht eine hohe Planungsqualität sichergestellt sein bevor ein Bebauungsplan aufgestellt und städtebauliche Verträge geschlossen werden? Die Stadt wird sicher bei vorhandenen Freizeitparks die Erfahrungen der Betreiber und Gemeinden einholen.

Grundsätzliche Fragen

  • Was werden wir in z.B. 20 Jahren zu unseren Planungen sagen?
  • Was ist mit unseren eigenen Aufgaben, die beim Offenen Planungsprozess sichtbar wurden? Sind dafür noch Zeit, Kräfte und Mittel in den unmittelbar vor uns liegenden Jahren vorhanden? Ist es nicht wichtiger die endogenen Kräfte zu stärken anstatt das Handeln exogenen Kräften zu überlassen?
  • Treten die erhofften und erwünschten positiven Auswirkungen für die Stadt Friedberg ein? Hoffentlich wird aus einer Vision keine Illusion!

Aus der Vielzahl der Fragen sind sicher einige besonders zu gewichten und vorrangig zu klären. Die Teilnehmer der Agenda 21 und der Architektenrunde haben diese Fragen bei einer Diskussion einheitlich gestellt auch im Gefühl einer gemeinsamen Verantwortung für unsere Heimatstadt.

Friedberg, im März 2004

Für die Agenda 21 Friedberg und die Architektenrunde Friedberg

Peter Wolinski
Hans Clamroth
Stephan Fritz
Hans Gebauer
Hans Hicker
Verena Höhberger
Angelika Lai
Wolfgang Rockelmann
Gertraud Szugat
Harald Tiefenbacher
Thomas Weil