Soweit nicht ausdrücklich anders angegeben, wird im folgenden unter Regenwassernutzung der Gebrauch von gesammeltem Regenwasser zur Bewässerung von Grünanlagen und für Toilettenspülung im Haushalt verstanden.

  1. PRO
    1. Schonung der Trinkwasservorräte

      Sauberes Trinkwasser wird knapper, durch intensive landwirtschaftliche Nutzung ist zunehmend auch Wasser in tieferen Schichten durch Pestizide, Dünger u.ä. belastet. Über das Regenwasser gelangen auch belastende Stoffe aus Abgasen in den Boden und damit in das Wasser.

    2. Rückhaltung von Regenwasser bei starken Niederschlägen

      Ist die Versickerungsfähigkeit des Bodens eingeschränkt oder der Kanal nahezu ausgelastet, drohen bei starken Niederschlägen Überschwemmungen, die durch Regenauffangbehälter gemildert werden.

    3. Kosteneinsparung bei Wasserbezugs- und evtl. Regenwassergebühr, jedoch nicht bei Schmutzwassergebühr.

    4. Geräteverschleiß vermindert durch kalkarmes Regenwasser, keine Kalkablagerungen in Rohren, Toiletten etc.. Wird das Regenwasser auch zum Waschen verwendet, sind bei Waschpulver, Entkalker etc. geringere Dosierungen ausreichend, um das gleiche Waschergebnis zu erzielen.

  2. CONTRA
    1. Hohe Investitionskosten, Ressourcenverbrauch und Wartung

      Bei den derzeit gültigen Wassergebühren trägt sich eine Regenwassernutzungsanlage in der Regel nicht. Selbst wenn Installationskosten außer Acht gelassen werden, liegen die Betriebs- und Wartungskosten etwa in der gleichen Größenordnung wie die zu erwartenden finanziellen Einsparungen bei den Trink- und Regenwassergebühren.

      Das Leitungsnetz für die Regenwassernutzung (2. Leitungsnetz, Behälter, Pumpe) muss neben dem Trinkwassersystem installiert werden, das auf jeden Fall gebraucht wird.

      Für Sammelbehälter im Keller oder Außenbereich ist zusätzlicher Raum notwendig.

    2. Erhöhung der Verbrauchsspitzen, Verteuerung des Trinkwassers

      In Trockenperioden ist Nachspeisung des Regenwassersystems aus dem öffentlichen Trinkwassernetz notwendig, dies verstärkt die Verbrauchsspitzen.

      Auch wenn weniger Trinkwasser aus dem öffentlichen Netz gezapft wird, müssen Rohre, Pumpwerke, Wasserspeicher instand gehalten werden. Dann erhöht sich für alle der pro Kubikmeter zu zahlende Wasserpreis bzw. die Grundgebühr.

    3. Regenwassernutzung bedeutet nicht unbedingt Wassersparen!

      U.U. wird gar kein Wasser gespart, evtl. sogar mehr verbraucht, wie Erfahrungen aus anderen Ländern gezeigt haben. Zumindest die Dimensionen des Abwassersystems bleiben wie bisher.

    4. Hygienische Bedenken

      Unter Umständen ist Chemikalieneinsatz gegen Geruch, Verkeimung erforderlich, dies wäre eine zusätzliche Umweltbelastung.

      In mikrobiologischen Gutachten wurden bisher in erster Linie trinkwasserspezifische Eigenschaften untersucht. Hygienische Einwände gegen Regenwassernutzung konnten nicht restlos ausgeräumt werden (Beeinträchtigungen durch Eintrag von Vogelkot, Luftverschmutzung, Korrosion durch "sauren" Regen etc.).

      Regenwasser ist nicht für Körperreinigung geeignet. Eignung zum Wäschewaschen mit Einschränkungen: Evtl. höhere Waschtemperaturen nötig, stärkere Waschmittel.

    5. Fehlende Kontrolle über ordnungsgemäßen Betrieb

      Regenwassernutzunganlagen müssen genehmigt und baubehördlich abgenommen werden. Danach liegt es in der Eigenverantwortung des Betreibers, das Regenwasser-System in sicherem, hygienisch einwandfreiem Zustand zu halten.

    6. Bodenversiegelung

      Regenwassernutzung setzt Regenwassersammeln voraus. Dies ist nur sinnvoll, wenn ohnehin Flächenversiegelung vorliegt bzw. geplant ist.

    7. Rückwirkung auf Trinkwasserqualtiät

      Wegen des geringeren Verbrauches kann sich das in den Leitungen stagnierende Trinkwasser in seiner chemischen und physikalischen Beschaffenheit ändern.

  3. Entwicklungstendenzen und Schlussüberlegungen
    1. Technisches: Fachmännische Installation vorausgesetzt, ist der Aufwand für die Wartung einer Regenwasser-Anlage nicht komplizierter als für das Trinkwassernetz. Seit April 2002 sind die allgemein anerkannten Regeln der Technik in der neuen DIM 1989-1 zusammengefasst, die Funktions- und Betriebssicherheit gewährleisten soll.

    2. Rechtliche Grundlagen: Für eine EU-weite neue Trinkwasserverordnung wurden vom Bundesministerium für Gesundheit Entwürfe erarbeitet, die von der bisher geforderten Einhaltung der Trink/-wasserqualität für bestimmte Verwendungszwecke im Haushalt absehen. Gegen diese Entwürfe werden von den Gesundheitsbehörden der Länder und den Wasserwirtschaftsämtern erhebliche Einwände vorgebracht.

      Zum einen wird ein Absinken des Hygienestandards befürchtet, zum anderen werden von den Behörden rechtliche Bedenken vorgebracht: Sie sehen große Probleme bei der Überwachung von Nicht-Trinkwasseranlagen, da sie auf der einen Seite für die Sicherheit des Trinkwassernetzes verantwortlich sind, auf der anderen Seite aber nach der Rechtslage der Entwürfe keine Kontrollfunktion über Nicht-Trinkwasseranlagen hätten, welche aber evtl. Einfluss auf das Trinkwassernetz hätten.

      Genehmigungspflicht, Meldepflicht für Altanlagen, Überwachung u.ä. sind nicht geregelt.

      Letzter Stand: Am 1.1.2003 tritt eine novellierte Trinkwasserverordnung in Kraft, welche die europäische Richtlinie 98/83/EG in deutsches Recht überträgt.

    3. Wassergebühren: Nach derzeit gültigen Gebührenordnungen haben die Wasserversorgungsunternehmen aus wirtschaftlichen Gründen kein Interesse daran, dass Trinkwasser gespart wird.

    Fazit:

    Unser Engagement für Regenwassernutzung muss die Verhältnisse in Friedberg berücksichtigen: Z.B. ist Friedberg kein Wassermangelgebiet. Nach Aussage von Hr. Grünaug (Stadtwerke) wird das Trinkwasser in absehbarer Zeit nicht wesentlich durch landwirtschaftliche Bodennutzung beeinträchtigt. Angeblich sind auch sonst keine Probleme bei der Trinkwassergewinnung erkennbarp>

    Bei starken Niederschlägen würden Überschwemmungen durch Regenwasser-Sammlung zur Nutzung kaum gemildert, da nur relativ geringe Mengen aufgefangen würden

    Sowohl in rechtlichen Belangen als auch in Änderungen der Gebührensatzungen besteht Handlungsbedarf, wenn Regenwasser-Anlagen auf breiter Basis sinnvoll eingesetzt werden sollen.

    Die Stadt sollte vom Betrieb von Regenwassernutzungsanlagen nicht abraten. Eine spezielle finanzielle Förderung ist derzeit aber nicht machbar und eine flächendeckende Versorgung mit solchen Anlagen nach derzeitigem Wissen ökologisch auch nicht notwendig. Wir fordern vorrangig Maßnahmen für Regenwasser-Rückhaltung und Versickerung.